Drehplatten, Schrittweite und Überlappung
Aufbau des Manfrotto MA300N Panoramadrehtellers Wochenende, Wetter schlecht, also genug Zeit um den Manfrotto 300N mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Einzigartig an dem Gerät ist die rasterbare Schrittweitenverstellung. Man entscheidet sich also für einen festen Verdrehwinkel (=Schrittweite, z.B. 45°), stellt diesen mittels einer Schraube (3) fest ein und fängt an zu drehen. Mit einen sanften Klack raset der Teller in der ersten Position ein. Nun macht man die Aufnahme. Fürs nächste Foto dreht man einfach solange weiter, bis es wieder Klack macht usw. - alles also äußert einfach, schnell und effektiv.

Aber erst einmal zum Aufbau des Gerätes: Im Prinzip sind es zwei voneinander unabhängige Panoramaplatten. Die untere Platte (2) verfügt über den beschriebenen Rastermechanismus - technisch mit einem gefedertem Stift realisiert, der in vorgestanzte Vertiefungen des Zylinders greift.

Die obere Platte (1) dient zum Einstellen des ersten Bildes und ist stufenlos verstellbar - wichtig, wenn man bestimmte Motivteile nicht auseinander schneiden möchte, sondern auf einer einzigen Aufnahme benötigt (z.B. Personen oder komplizierte Objekte, die beim späteren Stichen Probleme bereiten könnten).

Mit einem Hebel (4) wird die obere Platte festgestellt. Das Kabel zwischen Hebel (4) und Schraube (3) dient nur dazu, um diese nicht zu verlieren. Möchte man den Drehteller z.B. beim Transport arretieren, kann man ihn mit Schraube (5) feststellen. Eine Scala im unter Teil des Gerätes gibt Auskunft über die aktuelle Winkelstellung.

Funktionsprinzip des MA300N
Funktionsprinzip des Manfrotto MA300N
Es lassen sich 10 verschiedene Schrittweiten einstellen: Die Schraube (3) wird dazu in die entsprechende Bohrung geschraubt. Neben den Bohrungen sind nicht nur die Winkel, sondern auch die Anzahl (n) der benötigten Aufnahmen für ein 360° Panorama eingraviert.
Hier die zur Verfügung stehenden Schrittweiten:
Bildanzahl (n) für 360 Grad Panorama:
4
6
8
10
12
15
18
24
36
72
Schrittweite (Verdrehwinkel) in Grad:
90°
60°
45°
36°
30°
24°
20°
15°
10°
Meine Meinung:

Das Prinzip der voreinstellbaren Verdrehwinkel finde ich genial! Schnelles und präzises Arbeiten wird zum Kinderspiel! Bestimmte Schrittweiten könnte ich mit meiner, nicht rasterbaren Novoflex Panoramaplatte nur schwer realisieren, z.B. 36° oder 24° - hier einfach eingestellt und Klack, Klack, Klack!

Super ist auch die oberer Zusatzplatte fürs erste Bild - manchmal ist es nämlich wichtig bestimmte Motivteile nicht zu zerschneiden. In diesem Falle beginnt man einfach mit dem problematischen Bild und benutzt für das Einstellen des exakten Bildausschnittes diese Platte.

Die Verarbeitung macht einen guten und soliden Eindruck, das Gerät ist präzise gearbeitet aber auch relativ schwer (520 g gegenüber der leichten Novoflex Panoramaplatte, die nur 175 g auf meine Briefwaage bringt).

Was ich absolut vermisse ist eine Libelle - die braucht man unbedingt irgendwo zwischen Kugelkopf und Kamera um die Ausrichtung des Systems zu beurteilen. Eine Wasserwaage auf dem Blitzschuh der Kamera ist da weniger hilfreich, da man so die Ausrichtung der Achsen nicht gemeinsam, sondern nur unabhängig voneinander beurteilen kann.
I
ch habe dann aber doch noch eine Lösung gefunden: Man könnte z.B. eine aufklebbare Libelle in der Mitte des Einstellschlittens befestigen. Trotzdem, dies ist nur eine Notlösung, besser wäre eine integrierte Libelle wie bei der Novoflex Panoramaplatte!

Novoflex Panoramaplatte mit Kugelkopf und Einstellschlitten im Einsatz!
Die Alternative:
Novoflex Panoramaplatte
Novoflex Panoramaplatte: Zu den Vorteilen meiner Novoflex Panoramaplatte zählen das geringe Gewicht, die kompakten Abmaße und die integrierte Libelle, die das Ausrichten des Systems so einfach macht!
Fazit:
Beide Drehplatten haben Vor- und Nachteile, die Manfrotto Lösung glänzt mit rasterbaren Schrittweiten und Zusatzplatte, die Novoflex Lösung mit integrierter Libelle und kompakten Abmaßten bei gleicher Präzision. Ich werde erst einmal bei meiner alten Novoflex Panoramaplatte bleiben. Beim Neukauf wäre ich aber hin- und hergerissen, denn ideal wäre eine Kombination aus beiden Geräten!
Welchen Verdrehwinkel nehmen?
Wer den obigen Artikel aufmerksam gelesen hat wird sich zwangsläufig diese Frage stellen.
Nun, die Antwort ist abhängig von:
  • der Kamera (Vollformatsensor oder Kamera mit Verlängerungsfaktor)
  • der Brennweite (Weitwinkel oder Standardobjektiv)
  • der gewünschten Überlappung (Vorgabe der Stitchsoftware) und
  • der Art der Montage (horizontal oder vertikal)

Fangen wir mal von unten an: Bei der Montageart hat sich die vertikale Methode bei fast allen Fotografen durchgesetzt, da man mit geringerem Aufwand einen größeren Bildwinkel erfassen kann - siehe Kapitel Aufnahme.

Die gewünschte Überlappung liegt in der Regel zwischen 20% und 50%. Mehr ist nicht immer gut. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich bei Weitwinkelaufnahmen lieber am unteren Ende bewegen sollte. Ein Bildbeispiel finden Sie hier.

Bei der Brennweite sind Weitwinkel vom Fisheye bis zum leichten Tele sinnvoll. Je kürzer die Brennweite, desto weniger Aufnahmen werden für ein 360 Grad Panorama benötigt. Weitwinkelpanoramen sind in der Regel auch spektakulärer, da man sie mit herkömmlicher (analoger) Technik nicht oder nur schwer erstellen kann.

Der Verlängerungsfaktor Ihrer Kamera hat natürlich starken Einfluss auf den Bildwinkel Ihrer Objektive!

Methode für Pragmatiker:
Man kann die Sache natürlich auch leicht selber austesten:
Verdrehen Sie Ihre Panoramaplatte solange, bis die Markierung auf 0 steht. Schauen Sie durch den Sucher Ihrer Kamera, merken Sie sich eine Stelle, die horizontal etwa 40% vom linken Sucherrand entfernt ist. Verschwenken Sie das System nun solange nach links, bis diese Stelle am rechten Rand verschwindet. Den dabei überstrichenen Winkel lesen Sie auf der Scala der Panoramaplatte ab. Möchten Sie ein 360 Grad Panorama erstellen, so muss 360 dividiert durch den ermittelten Winkel eine ganze Zahl ergeben. Ist dies nicht der Fall, so verwenden Sie den nächst kleineren Winkel. Dies ist jetzt Ihre Schrittweite, also der Verdrehwinkel zwischen allen Aufnahmen.
Methode für Theoretiker:
Wer die Sache eher theoretisch angehen möchte findet unter www.digitalkamera.de ein paar Formeln von Michael Guthmann, die dieses Problem exakt beschreiben.
Und jetzt ganz einfach:
Um Ihnen Rechenarbeit zu ersparen, habe ich mal die wichtigsten Parameter in folgenden Tabellen zusammengefasst. Als Grundlage dienten die Formeln von Michael Guthmann und meine praktischen Erfahrungen:
Von mir empfohlene Schrittweiten bei Kameras mit Vollformatsensor (z.B. Canon EOS 1Ds, analoge KB-Kameras) und vertikaler Montage:
So sieht die vertikale Montage einer Vollformatkamera aus!
Brennweite in mm Anzahl der Aufnahmen für 360 Grad Drehung Schrittweite (Verdrehwinkel) in Grad Überlappung
14 6 60° 26%
17 8 45° 36%
20 8 45° 27%
24 10 36° 32%
28 12 30° 35%
35 15 24° 37%
40 18 20° 40%
50 24 15° 44%
70 36 10° 48%
Von mir empfohlene Schrittweiten bei Kameras mit APS-Sensor (Crop Faktor 1,6 z.B. Canon EOS 350D, 300D, 20D, 10D) und vertikaler Montage:
Brennweite in mm Anzahl der Aufnahmen für 360 Grad Drehung Schrittweite (Verdrehwinkel) in Grad Überlappung
10 8 45° 39%
12 8 45° 30%
14 10 36° 36%
17 12 30° 37%
18 12 30° 34%
20 12 30° 27%
24 15 24° 30%
28 18 20° 33%
35 24 15° 38%
40 24 15° 29%
50 36 10° 42%
70 72 59%
So sieht die vertikale Montage einer Kamera mit Verlängerungsfaktor aus!
Wer eine Kamera mit Verlängerungsfaktor 1,5 besitzt (Nikon, Minolta, Pentax), kann obige Tabelle ebenfalls benutzen, die Überlappung fällt nur geringfügig grösser aus.

Bei Aufnahmen mit einem Fisheye benutzte ich bei Vollformatkameras eine Schrittweite von 60° und bei Kameras mit Verlängerungsfaktor einen Verdrehwinkel von 45°. Achtung: Nicht jedes Stichprogramm unterstützt Fisheyeobjektive!

So, das Wetter wird wieder schön - Zeit um ein paar Aufnahmen zu machen!

Jan Röpenack, 10. April 2005
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