Ausprobiert: Die HDR Funktion der neune Canon EOS 5D Mark III
Viele Fotografen kennen die Situation: eine Szenerie enthält extreme Kontraste, also viel Licht auf der einen, aber auch viel Schatten auf der anderen Seite. Die Standardlösung aus alten Lehrbüchern, man solle die richtige Belichtung auf das Hauptmotiv legen funktioniert bei Panoramen, speziell bei Kugelpanoramen nicht mehr so richtig. Der Betrachter möchte sich schließlich in alle Ecken und Winkel der Szenerie umsehen, regelrecht auf Entdeckungsreise gehen und hier nicht zugelaufene Schatten oder ausgefressene Lichter vorfinden.

Seit dem Siegeszug der Digitalen Fotografie gibt es eine Lösung für dieses Problem: die HDR-Technik. Hierbei werden unterschiedlich belichtete Einzelaufnahmen zu einem HDR-Bild verarbeitet, was einen Tonwertumfang von typischer Weise 32 Bit aufweist. Dieses "hochdynamische Bild", was kein Monitor mehr anzeigen kann, wird im zweiten Schritt per "Tonemapping" wieder in einen niedrigeren Bereich von 8 oder 16 Bit hineingedrückt, sodass man es per Monitor oder Drucker ausgeben kann.

Bei der Aufnahme von HRD-Bildern nutzt man meist die Belichtungsreihen-Automatik der Kamera, auch "Bracketing" genannt. Viele der aktuellen Kompakt- und semiprofessionelle DSLR-Kameras haben darüber hinaus eine eigene HDR-Funktion mit an Bord. Bei den professionellen Modellen waren die Hersteller mit diesem Ausstattungsmerkmal dagegen eher zurückhaltend.

Nun, dies hat sich mit der Zeit geändert. Die professionelle Pentax 645D verfügt beispielsweise über dieses Feature und auch die brandneue Canon EOS 5D Mk III kann "tonegemappte" Aufnahmen direkt in der Kamera erzeugen.

Display: HDR-Modus Für mich eine spannende Frage, ob man dies auch in der Panoramafotografie sinnvoll einsetzten kann. Ausgerüstet mit dem neuen Modell habe ich mir also ein Motiv mit einem sehr hohem Kontrastumfang gesucht und es einfach einmal ausprobiert. Welche Erfahrungen ich hierbei gemacht habe, wie ich vorgegangen bin und zu welchem Ergebnis ich gekommen bin erfahren Sie jetzt.
Meine Zielsetzung:
Viele Fotografen und Designer denken beim Stichwort HDR an Bildern mit grausam übertriebenen Effekten, Leuchtkonturen, gräulichen Schleiern und einer viel zu hohen Farbsättigung. Was in der Anfangszeit noch ein "Hingucker" war hat sich mittlerweile stark abgenutzt. Und "Kunst" ist dies in vielen Fällen wirklich nicht, denn einfach die Regler beim Tonemapping soweit zu verdrehen, bis die Vorschau ein möglichst schräges Ergebnis zeigt ist keine große Leistung.

Die Herausforderung für mich ist ein möglichst natürliches Ergebnis zu erzeugen, dem man nicht ansieht, daß es per HDR-Technik entstanden ist. Dieses sollte in den Tiefen und in den Lichtern trotz hohem Motivkontrast noch ausreichend Details erkennen lassen. Gewiss gibt es irgendwo Grenzen, die ich dort ansetze, wo man auch vor Ort mit bloßem Auge keine Abstufungen mehr erkennen würde, z.B. beim direkten Blick in eine Lichtquelle oder in ein dunkles Kellerfenster.

Unter dieser Vorgabe und obwohl ich mich schon lange mit dieser Technik beschäftige, ist das Tonemapping und der Umgang mit Farben und Kontrasten, egal mit welcher Software, für mich immer noch ein schwieriges Kapitel.

Was macht die Kamera?
Im HDR-Modus macht die Kamera nach dem Auslösen drei Bilder unmittelbar hintereinander - bei konstanter Blende aber mit unterschiedlichen Verschlusszeiten. Das vierte Bild, das Ergebnis wird in der Kamera berechnet und nach etwa 1 bis 5 Sekunden als JPG gespeichert. Es können alle Aufnahmen oder nur das Ergebnisbild gespeichert werden. Letzteres kann nur im JPG Format ausgegeben werden, während sich die Einzelbilder auch im RAW Format speichern lassen.

Prinzip HDR-Modus
In der Praxis eines Panoramafotografen spielt die Verarbeitungszeit (1-5 Sekunden, je nach Motiv und Einstellungen) eher eine untergeordnete Rolle. Solang benötigt man ohnehin um den Panoramakopf in die nächste Rastposition zu bewegen.

Tipps:
  • Für erstklassige HDR-Aufnahmen benutzen Sie ein stabiles Stativ und suchen sich ein ruhiges Motiv. Sich im Wind bewegende Äste, Fahnen, Wasserflächen sowie Verkehrsmittel, Fußgänger etc. sind problematisch und können Geisterbilder verursachen.

  • Wichtig ist die Verwendung eines Fernauslösers um minimale Verschiebungen zwischen den Einzelaufnahmen zu vermeiden. Haben Sie diesen zuhause vergessen nutzen Sie am besten den Selbstauslöser mit 2 Sekunden Vorlauf.

  • Idealerweise kombinieren Sie den HDR-Modus mit dem Live View. Der Spiegel bleibt somit zwischen den Aufnahmen oben und kann keine Schwingungen verursachen. Auch schont dies die Spiegelmechanik.

  • Wie in der Panoramafotografie üblich arbeiten Sie im Programm M, stellen also Zeit und Belichtungszeit manuell ein. Die Kamera wird die Einstellung für die Belichtungszeit bei der ersten Aufnahme übernehmen und diese bei der zweiten und dritten Aufnahme verkürzen bzw. verlängern.

  • Beim Tonemapping wird das Bildrauschen und die chromatische Aberration (Farbsäume an kontrastreichen Kanten) verstärkt, deshalb ist es ratsam mit niedrigen ISO Werten zu arbeiten und die kamerainterne Korrektur von Abbildungsfehlern einzuschalten. Letztes funktioniert natürlich nur bei original Canon Objektiven, da die 5D Mark III hier auf eigene Profile zurückgreift.

Einstellungen:
Der Zugriff auf den HDR-Modus erfolgt schnell und einfach über eine eigene Taste für Kreativprogramme.
Screenshot HDR-Modus Dynbereich einst. Screenshot HDR-Modus Dynbereich einst.
  • Im ersten Menüpunkt "Dynbereich einst." kann man den HDR-Modus ein- bzw. ausschalten und die Abstände zwischen den Einzelaufnahmen vorwählen. In der Panoramafotografie ist es wichtig, dass alle Aufnahmen identisch verarbeitet werden, deshalb sollte "Auto" unbedingt vermieden werden. Aus diesem Grund sollte man ja auch keinen automatischen Weissabgleich wählen, sondern sich für eine feste Farbabstimmung entscheiden. Da mein Motiv über einen sehr hohen Dynamikumfang verfügte entschied ich mich für +-3, den höchst möglichen Wert. Bei meiner voreingestellten Blende 14 und Verschlusszeit 1/30 wählte die Kamera bei der zweiten Aufnahme 1/250 Sekunde und bei der dritten Aufnahme 1/4 Sekunde.

  • Auf die Einstellung "Effekt" komme ich weiter unten zu sprechen.

  • "HDR fortsetzen" bedeutet, dass dieser Modus nach der ersten Serie weiterhin verwendet wird. Ideal also wenn man mehrere "HDRs" in Serie produzierten möchte, um später daraus ein Panorama zu montieren.

  • "Auto Bildabgleich" sollte man bei Verwendung eines Stativs deaktivieren, genau das habe ich gemacht. Bei Freihand-Aufnahmen und kurzen Verschlusszeiten sollte man diesen Punkt laut Anleitung aktivieren.

  • Beim Punkt "Quellbild. speich" habe ich mich für "Alle Bilder" entschieden, um nachher auch ein eigenes Tonemapping machen zu können. Dies ist wichtig, falls man mit dem Ergebnis der Kamera nicht zufrieden ist. Ansonsten steht noch "Nur HDR-Bld." zur Verfügung.

Jetzt aber zu der interessantesten Einstellung, den Effekten: Hier werden die Tonemapping Einstellungen der Kamera vorgenommen. Also das, was man bei gängigen HDR-Programmen wie Photomatix & Co. mit den vielen Reglern macht. Allerdings stehen hier nur 5 Voreinstellungen zur Verfügung.

Screenshot HDR-Modus Effekt Nach ein paar Testaufnahmen habe ich mich für die Einstellung "Natürlich" entschieden. "Standard" ist vielleicht bei manchen Motiven ebenfalls sinnvoll, zeigte aber hier schon deutliche Leuchtkonturen. Die restlichen drei Einstellungen gehen sehr ins Künstlerische und entsprachen nicht meiner Zielsetzung.
Hier die Ergebnisse in Abhängigkeit vom eingestellten Effekt:
HDR Funktion ausgeschaltet Effekt Natürlich Effekt Standard
HDR Funktion aus Effekt "Natürlich" Effekt "Standard"
Effekt Gesättigt Effekt Markant Effekt Prägnant
Effekt "Gesättigt" Effekt "Markant" Effekt "Prägnant"
Die Aufnahme
Gut vorbereitet legte ich dann an einem sonnigen Sonntagmorgen los. Mit dabei: Stativ, Novoflex Panoramakopf, die neue 5D Mk III, mein altes EF 17-40 und ein IR Fernauslöser. An der Kamera hatte ich zuhause schon mal alle Objektivkorrekturen und den HDR-Modus mit obigen Einstellungen aktiviert. Vor Ort dann noch den Live View eingeschaltet, Programm M bei Blende 14 und 1/30 Sekunde und die Zoomstellung auf 17mm. Dann die übliche Routine: 16 Aufnahmen plus Bodenbild. Beim Druck auf den Fernauslöser machte die Kamera drei Aufnahmen unmittelbar hintereinander und zeigte mir anschließend für ein paar Sekunden ein "BUSY" im Display. Während ich den Panoramakopf in die nächste Rastposition bewegte, wurde das vierte, errechnete Bild gespeichert.

Das Ergebnis
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Wieder zuhause angekommen montierte ich aus den von der Kamera erzeugten Ergebnissen (17 Aufnahmen im JPG Format) ein Kugelpanorama. Weder die Einzelbilder noch das fertige Panorama habe ich hierbei per Software optimiert. Zum Stitchen benutzte ich PTGui Pro. Klicken Sie links auf die Kugel um sich das Resultat anzusehen.
Für ein "out of the cam" Ergebnis, was die Tonwerte betrifft, finde ich das Panorama erstaunlich gut. Es gibt kaum Bereiche, die komplett zulaufen oder ausfressen. Gut, die Schattenpartien sind vielleicht noch ein wenig zu dunkel, die Farbsättigung minimal zu hoch und Detailkontraste zu gering, gut zu erkennen an den halb transparenten Ästen der Bäume im Fernbereich. Es ist aber auf jeden Fall besser als hätte man auf den HDR-Modus verzichtet. Da ich ja auch die mittleren, dunklen und hellen Bilder aufgezeichnet hatte (Einstellung: Alle Quellbilder speichern) hier das Ergebnis der mittleren Belichtung, also ohne HDR-Technik.

Mein Fazit
Wer ohne großen Aufwand schnell und einfach zu einem vorzeigbarem Ergebnis kommen möchte, für den ist der HDR-Modus der neuen 5D Mk III eine tolle Sache und ein wertvolles Feature.

Wer hingegen das perfekte Resultat für sich beansprucht, der muss nach wie vor am heimischen PC tonemappen. In diesem Fall kann man bei der Aufnahme aber auch mit der bewährten Belichtungsreihen-Automatik arbeiten.

Natürlich habe ich mein Panorama auch am Rechner gemapped, was mich zwei Abende gekostet hat. Die Einzelaufnahmen hatte ich ja mit abgespeichert. Das Endresultat, welches meinem Geschmack einigermaßen entspricht finden Sie hier.

Übrigens, die Alternative zum HDR-Modus der Kamera, die Belichtungsreihen-Automatik, auch AEB-Funktion oder Bracketing genannt, wurde bei der neuen EOS 5D Mark III im Vergleich zu den Vorgängermodellen deutlich erweitert. So lassen sich jetzt 7 Aufnahmen im Bereich von -5 bis +5 Belichtungsstufen einstellen. Bei den Vorgängermodellen konnte nur mit 3 Aufnahmen im Bereich von -2 bis +2 Stufen gearbeitet werden.

Mit dem HDR-Modus und dem erweiterten Bracketing ist die "neue" somit ein ideales Werkzeug für einfache, wie auch komplexe HDR-Projekte.

Jan Röpenack, Ostern 2012
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