Erster Test: Novoflex Panorama VR-System PRO
Sonntag, 1. Oktober 2006, Köln am letzten Tag der photokina: Frau Wichert sagt mir Sie hätte das Vorserienmodell des VR-Systems PRO für mich verpackt, "bitte nicht vergessen!"

Zwei Tage später, Tag der Deutschen Einheit, endlich Zeit die Novoflex Messeneuheit mal gründlich auszuprobieren. Schon vor dem Frühstück komme ich ins Grübeln: Mit diesem Kopf kann man nicht nur horizontal, sondern auch vertikal um den Nodalpunkt drehen, d.h. beliebig viele Bilderzeilen erzeugen. Ein "vollsphärisches" Panorama müsste also mit einem "ganz normalem Weitwinkelobjektiv" machbar sein. Aber welches Objektiv, wieviele Bilder und wieviele Zeilen?
Novoflex Panorama VR System PRO

Na ja, horizontal kommt man mit 8 Bildern bei 17mm Brennweite für einen 360° Schwenk sicherlich hin, d.h. hat reichlich Überlappung. Eine Zeile darüber und eine darunter müssten ausreichen, um auch vertikal die nötigen 180° abzudecken. Da man aber, je weiter man sich - vom Mittelpunkt der Kugel aus betrachtet - nach oben bzw. unten bewegt, immer weniger Fläche abdecken muss, benötigt man für die obere, bzw. untere Zeile sicherlich weniger Bilder als am Äquator. Ich nehme mir vor, es oben und unten mal mit je 4 Aufnahmen zu probieren - sicherlich auch deswegen, da die doppelte Schrittweite sehr einfach einzustellen ist: Ich verwende für die obere und untere Zeile einfach die gleiche Einstellung an der Panoramaplatte wie bei der mittleren Zeile, löse die Kamera aber nur bei jedem zweiten Rasterpunkt aus. Soweit die Theorie, ich beschließe dies auszuprobieren.
Nodalpunkt einstellen
Zunächst einmal muß ich das Canon EF 17-40/4 so montieren, das der Drehpunkt genau im Nodalpunkt des Objektives liegt. Dies geht schnell vonstatten.

Zunächst richte ich den Kopf horizontal aus, was mit der extra grossen Wasserwaage an der Panoramaplatte ein Kinderspiel ist.
Sehr gut gefällt mir, dass die Drehachse mit einem Kreuz markiert ist und eine Ausfräsung am Winkel den Blick darauf zulässt.
Blick von oben auf den Panoramakopf
Kamera nach unten ausrichten
Ich richte die Kamera also nach unten, sehe durch den Sucher (rechte Abbildung) und ziele mit dem mittleren AF Feld genau auf dieses Kreuz.

Dabei bewege ich den Winkel vor und zurück. Nachdem ich die richtige Stelle gefunden habe, drehe ich die untere Fixierschraube für den Winkel wieder fest
Blick durch den Sucher, mittleres AF Feld zielt auf Drehachse
Jetzt muß ich nur noch der richtige Abstand in horizontaler Richtung zur Drehachse finden. Dazu verschiebe ich die oberer Schiene vor und zurück, während ich durch den Sucher sehe und gleichzeitig die Kamera horizontal schwenke. Mein Versuchsaufbau im Wohnzimmer (Stehlampe, Türstock) hat sich bewährt und so ist auch hier die Position, in der keine Verschiebung der vertikalen Linien stattfindet, schnell gefunden. Das Vorgehen ist identisch mit dem beim Justieren eines klassischen Panoramakopfes (siehe Kapitel Aufnahme, Seite 2).
Abstand zur Drehachse einstellen
Die Werte notiere ich mir für zukünftige Aufnahmen mit dieser Kamera-Objektivkombination (unten 8,1, oben 11,9 cm an den jeweiligen Skalen)
Werte notieren
Detaillösungen:
Beim Hantieren mit dem Kopf fallen mir die beiden Anschlagschrauben am Ende der Kameraplatte positiv auf. Sie ermöglichen eine schnelle und präzise Montage der Kamera entlang der optischen Achse. Beim späteren Gebrauch verhindern sie eine ungewollte Verdrehung der Kamera auf der Platte. Außerdem ist der Anschlag nötig, um mit der Skala repoduzierbare Werte für die Nodalpunkteinstellung zu erhalten.
Anschlag
Ein gutes Gefühl vermittelt mir der Sicherheitspin auf der oberen Panoramaplatte. Vergisst man die Klemmschraube zu schließen, verhindert er das Herausrutschen der Platte und somit den sicherern Totalschaden der Kamera! Die gerade erwähnte Klemmschraube wird man in der Praxis recht häufig benutzen, z.B. um die Kamera zum Transport vom Winkel zu lösen oder um nach einen Objektivwechsel den Nodalpunkt neu einzustellen.
Sicherheitspin
Übrigens, auch die untere, rasterbare Panoramaplatte besitzt solch einen Sicherheitspin, wie alle Kupplungen der Novoflex Q=Base Familie.
Winkelschritte:
So, bevor es losgeht muss ich mir noch die Winkelschritte überlegen. Es stehen acht Schrittweiten (von 10° bis 60°) zur Verfügung. Mit meiner EOS 5D mit 17mm Brennweite komme ich bei einem horizontalen Verdrehwinkel von 45° bzw. 8 Aufnahmen für eine Volldrehung auf eine Überlappung von 36% - ideale Bedingungen für die Stitchsoftware! Den blauen Knopf der unteren Panoramaplatte stelle ich also auf 8 - fertig!
Einstellen der horizontalen Winkelschritte
Bleibt nur noch die Frage nach dem vertikalen Winkelabstand zur oberen und unteren Bilderzeile. Ein Blick durch den Sucher und die Einstellung ist schnell gefunden: Einerseits soll ausreichend Überlappung zu den Bildern der mittleren Zeile gegeben sein, andererseit soll der Zenit mit abgebildet werden. Bei 50° nach oben ist dies der Fall.
Die Gegenprobe beim Schwenk um 50° nach unten bestätigt dies: Ausreichend Überlappung zu den horizontal ausgerichteten Bildern ist vorhanden und der Nadir ist deutlich zu erkennen (das Kreuz auf der Panoramaplatte, welches die Drehachse markiert). Sehr gut gefällt mir die Skalierung der oberen Panoramaplatte. Hier wird bei horizontal ausgerichteter Kamera 0° angezeigt und beim Verdrehen in jeder Richtung der jeweilige Winkelabstand zu dieser Stellung.
Obere Drehplatte mit 2 x 180° Gravur
Blick auf die obere Panoramaplatte in horizontaler Ausrichtung. Die gegenläufige Gravur von 2 x 180° erleichtert das Einstellen!
Aufnahme:
Bei diesem Wetter - Bayerischer Föhn - fahre ich ein paar km zum Ortskern von Hohenschäftlarn. Ich richte den Kopf mit Hilfe der Wasserwaage horizontal aus und beginne mit der mittleren Bilderzeile. Die rasterbare Panoramaplatte ist ein Traum, man kann quasi nichts mehr falsch machen! Satt rastet die Platte in den eingestellten 45° Schritten ein und ich mache mit dem Fernauslöser die Aufnahmen. Nach 8 Auslösungen bin ich wieder in der Anfangsstellung. Nun fixiere ich die Kamera um 50° nach oben gekippt. Nach dem ersten Bild mache ich die Aufnahmen jetzt nur noch bei jedem zweiten Rasterpunkt. Genauso verfahre ich anschließend bei der unteren Bilderzeile.
16 Aufnahmen in drei Zeilen
Das Ergebnis in Kugelprojektion
Die einzelnen Aufnahmen sehen Sie oben, darunter gleich das Ergebnis. Vielleicht denken Sie jetzt, das Ergebnis sei nicht besonders ansprechend, weil stark verzerrt. Sie haben damit sicherlich Recht, das Ergebnis stellt nämlich die Oberfläche einer Kugel dar. Solche "sphärischen" Aufnahmen macht man auch weniger für den Print, als viel mehr für die Darstellung im Internet mittels eines Viewers, z.B. Apple QuickTime.

Klicken Sie auf die blaue Kugel unten links um sich das Bild im Viewer anzeigen zu lassen!
Kugelpanorama Kugelpanorama Get QuickTime
Falls Sie noch keinen QuickTime Viewer haben, können Sie ihn hier kostenlos herunterladen.
An dieser Stelle möchte ich noch anmerken, daß ich die Ergebnisse nicht im Photoshop retuschiert habe. Lediglich die Helligkeit und der Kontrast wurden von mir optimiert, die Bildgröße anschließend verkleinert.
Software:
Früher dachte ich immer, daß mehrreihige Panoramen aufwändig in der späteren Verarbeitung seien. Heute weiß ich, dem ist nicht so, im Gegenteil, mit meiner Lieblingssoftware PTgui ist dies ein Kinderspiel! Im Prinzip mußte ich der Software nur mitteilen, daß es sich um hochformatige Bilder handelt, den Rest hat die Automatik erledigt. Sie erkennt z.B. das Objektiv und die Kamera, ordnet die Bilder automatisch und entscheidet sich selbstständig für eine Kugelprojektion. Sehen Sie sich obige Panoramen im Viewer ruhig nochmal genau an: Sie werden kaum einen Fehler finden und dies ist - im positiven Sinne - schon sehr erstaunlich!
Fazit:
Mich hat der neue Kopf voll überzeugt, Präzision und Verarbeitung sind auf höchstem Niveau. Durchdachte und praxisnahe Details runden das positive Gesamtbild ab. Zusammen mit einem Weitwinkelobjektiv an einer digitalen SLR und einer guten Stitchsoftware lassen sich Kugelpanoramen so einfach wie noch nie herstellen.

Natürlich kann man mit dem VR-System PRO auch "normale" Flächen- oder Zylinderpanoramen erstellen, selbstverständlich auch mit Perspektivenkorrektur! Dies habe ich hier ausprobiert:
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Jan Röpenack
10. Oktober 2006
Nachtrag: Auf der photokina 2008 hat Novoflex das Nachfolgemodell, das
VR-System PRO II angekündigt. Details und Unterschiede hierzu finden Sie hier
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