HDR und Panoramafotografie - wie geht man vor?

Als Referent und Workshopleiter werde ich öfters nach dem optimalen Workflow gefragt, ob es z.B. sinnvoller ist zuerst die HDR-Verarbeitung vorzunehmen und anschließend die tonegemappten Einzelbilder zum Panorama zu verarbeiten oder sich zuerst mit dem Stitchen und anschließend mit der HDR-Verarbeitung zu beschäftigen. Nun, beide Methoden haben Vor- und Nachteile, die ich kurz erläutern möchte:

Zuerst HDR, dann Panorama
wird wohl von den meisten Fotografen bevorzugt und hat den Vorteil, dass die HDR-Software nicht mit allzu großen Dateien umgehen muss, funktioniert also auch mit schwächerer Hardware. Zudem haben fertig gemappte Einzelaufnahmen viel Zeichnung und Struktur, was sich beim anschließendem Stitchen positiv auf die Mustererkennung auswirkt. Das automatische Generieren von sog. Kontrollpunkten innerhalb der Panoramasoftware funktioniert also ausgesprochen gut. Zu beachten ist, dass man möglichst ein Tonemapping Verfahren wählt, welches sich global und nicht auf benachbarte Pixel auswirkt. Der rechte Bereich einer Einzelaufnahme sollte also genauso behandelt werden wie der linke Bereich der folgenden Aufnahme. In Photomatix Pro ist dies z.B. das "Tone Compressor" Verfahren, was eher zu einem natürlichen Ergebnis führt. Im Gegensatz zum "Detail Enhancer" wird hier keine 360°-Bild-Option angeboten, was ja auch sinnvoll ist. Arbeitet man trotzdem mit dem "Detail Enhancer" können Helligkeitssprünge im fertigen Panorama entstehen, die die Stitchingsoftware mehr oder weniger gut ausgleichen kann. Das Ergebnis ist aber kaum zu kontrollieren.

Zurück zur Praxis: Man wählt also eine Belichtungsreihe, die möglichst typisch für die Lichtsituation der kompletten Szenerie ist, also Lichter und Schatten enthält, optimiert das Tonemapping und speichert dieses als eigene Vorlage ab. Anschließend wechselt man in den Batchbetrieb (auch Stapelverarbeitung genannt) und mapped alle Einzelaufnahmen in einem Zug mit der vorher erstellten Vorlage. Die Ergebnisse verarbeitet man anschließend wie gewohnt zum Panorama. Eventuelle erkennt man nun den Nachteil dieser Methode: Das Ergebnis hat man sich vielleicht ganz anders vorgestellt, da man beim Tonemapping ja nicht das ganze Panorama, sondern nur einen kleinen Ausschnitt, sprich die einzelne Aufnahme gesehen hat.

Zuerst Panorama, dann HDR

hat den großen Vorteil, dass man beim Tonemapping das Ergebnis bereits in der Vorschau sieht und sich - bei HDR projects professional - sogar interaktiv darin bewegen kann - mittels des integrierten Panorama Players. Alle Tonemappings, globale und jene, die auf benachbarte Pixel basieren sind erlaubt, sofern man das Häkchen bei "360°-Panorama-Modus" setzt. Der einzige Nachteil ist, dass schwächere Hard- oder Software schnell an ihre Grenzen stößt, wenn man mit großen Panoramen arbeitet. Bei meinem 17056 x 8528 Pixel großem Testpanorama, 17 x 3 Aufnahmen, aufgenommen mit der Canon EOS 5D Mk III meldete Photomatix Pro, dass eine Vorschau nicht möglich sei und man in den Batchmodus wechseln solle, was eine visuelle Kontrolle natürlich unmöglich macht. HDR projects professional hatte dagegen keine Probleme, die oben erwähnte Echtzeitberechnung lag jetzt zwar im Minutenbereich, ein flüssiges Arbeiten im schnelleren Vorschaumodus war jedoch möglich. Der Hersteller begründet diesen Geschwindigkeitsvorteil übrigens damit, dass der Prozessor der Grafikkarte bei den Berechnungen mit eingebunden wird, Stichwort "GPU-Beschleunigung.

Zurück zur Praxis: Man erstellt also zunächst eine Panorama, möglichst aus den Einzelbildern, die von der Belichtung her am meisten Struktur erkennen lassen (die mittleren oder hellen) und speichert nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Projektdatei ab. Anschließend startet man ein neues Projekt, lädt jetzt z.B. alle dunklen Einzelbilder in die Panoramasoftware und verwendet zum Stitchen die vorher erstellte Projektdatei. In PTGui zu finden unter "File" und "Apply Template", also "Vorlage anwenden". Wichtig ist, dass man nun nichts mehr verstellt sondern sofort auf "Create Panorama" geht um das Panorama zu generieren. Genauso verfährt man jeweils mit den anderen, jeweils gleich belichteten Bildsequenzen und erhält so absolut deckungsgleiche Panoramen, die sich nur in der Helligkeit unterscheiden. Im letzten Schritt verarbeitet man diese Panoramen mit der HDR-Software.

Mein Test

Ich habe mal ins Archiv gegriffen um ein schwieriges Projekt, bestehend aus 17 x 3 Einzelaufnahmen aus dem vergangenen Jahr zu Ende zu bringen.

Die mittlere Belichtung

Eine Herausforderung stellte die überstrahlte Kirchturmuhr und die extrem dunkle Decke dar. Für die Aufnahmen benutzte ich eine geliehene Canon EOS 5D Mk III, das EF 17-40/4 L USM bei 17mm, das Novoflex VR-System Pro II und mein Manfrotto Stativ. Nach dem Ausmessen der Lichtsituation entschied ich mich für Blende 14 und 1/50 Sekunde als mittlere Belichtung. Beim Bracketing für +-3 Lichtwerte also 1/6 und 1/400 Sekunde bei gleicher Blende.

Die Belichtungsreihe

Bei der späteren Ausarbeitung erstellte ich, wie oben beschrieben, zunächst drei deckungsgleiche Panoramen mittels einer Vorlage (Größe je 17056 x 8528 Pixel) und nahm anschließend das Tonemapping mit HDR projects professional vor.

Prinzip: Zunächst 3 Panoramen erstellt, dann die HDR Verarbeitung

Das Ergebnis, eine Variation und die drei unterschiedlich belichteten Panoramen können Sie sich hier in der interaktiven Darstellung ansehen.

Das Ergebnis interaktiv
Mein Fazit

HDR projects professional ist eine schnelle und moderne Software, die vorhandene Ressourcen wie ein 64 Bit Betriebssystem, Mehrkernprozessoren und die GPU effektiv nutzt. Dies ist in der Panoramafotografie, wo man mit großen Datenmengen umgeht, extrem wichtig. Zudem wurden neue, innovative Funktionen wie die Gewichtung der Einzelbilder und die Grenzpixelanzeige eingeführt.

Aussehen und Handhabung lehnen sich an Adobe Lightroom an, die Bedienung ist intuitiv und logisch aufgebaut, man bewegt sich von links nach rechts und von oben nach unten. Zudem ist diese quasi selbsterklärende, da man von Infofenstern - im verständlichen Deutsch - im jeweiligen Arbeitsschritt effektiv unterstützt wird.

Wie von einer Profisoftware nicht anders zu erwarten stehen extrem viele Einstellmöglichkeiten und Tools zur Verfügung. Hat man darauf keine Lust, benutzt man eine fertige Vorlage und kommt auch so schnell zu einem ansprechenden Ergebnis.

Auch an die Einstellungen für Panoramafotografen wurde gedacht: Es steht der interaktive Panorama-Player, der 360-Grad Panorama Modus beim Tonemapping und der Effekt "Chromatische Abberation entfernen", zur Verfügung. Letzterer ist wichtig, da in der Panoramafotografie oft mit Fisheyeobjektiven gearbeitet wird, welche besonders anfällig für diesen Farbfehler sind und der, unkorrigiert, bei der HDR-Verarbeitung noch verstärkt wird.

Für mich momentan die beste HDR-Software auf dem Markt und mein absoluter Favorit, wenn auch nicht ganz billig. Hier (affiliate Link, bezahlte Werbung) können Sie HDR projects professional relativ preisgünstig erwerben.


Jan Röpenack, Herbst 2013

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