Filter in der Panoramafotografie?

In den letzten Jahren erleben Filtertechniken in der Fotografie eine Art Renaissance. Hatte man in den Anfangsjahren der Digitalisierung der Fotografie physische Filter, also Glas- oder Kunststoffscheiben vorm Objektiv, schrittweise abgeschafft und durch Softwarefilter oder HDR- Aufnahmeverfahren ersetzt, kommen „richtige Filter“ nun langsam wieder in Mode. Wohl mit der Erkenntnis, dass es auch im digitalen Zeitalter Filtertypen gibt, die absolut notwendig und durch nichts Vergleichbares zu ersetzen sind. Dazu zählen ND-Graufilter, komplett durchgefärbt oder als Verlauf und Polfilter.

Als Referent und Workshopleiter wurde ich in der letzten Zeit öfters mal gefragt, wie sinnvoll denn der gezielte Einsatz von Filtern in der Panoramafotografie sei. Mit diesem Artikel möchte ich hierauf kurz eingehen.

Folgendes finden Sie hier:

Sinnvolle Filtereffekte

Bei ND-Filtern geht es darum Belichtungszeiten zu verlängern und zu helle Bildbereiche gezielt abzudunkeln. Mit einem Polfilter kann man Dunst abmindern um damit die Fernsicht zu erhöhen. Der Himmel wird dadurch dunkler. Zusätzlich lassen sich Spiegelungen auf Wasser- und Glasflächen reduzieren. Mehr dazu weiter unten.

ND-Filter für Langzeitbelichtungen

Geglättete Wasserflächen, Wolken mit Speedeffekt und leer gefegte Plätze

Ein Effekt, der sich hervorragend in der Panoramafotografie einsetzen lässt ist das Glätten von Wasserflächen.

Das Problem, bei Panoramaaufnahmen von Flüssen, Seen oder am Meer sind die Wellen, die, vor allem die kleineren, nicht besonders schön aussehen (weil unspektakulär), Spiegellungen des Hauptmotivs unterdrücken und vor allem Anschlussfehler beim Zusammensetzen des Panoramas verursachen. Glättet man diese Wellen mit Hilfe von Langzeitbelichtungen sind diese Spiegellungen teilweise wieder erkennbar und das Problem der Anschlussfehler wird geschickt umgangen.

Zudem zeigen so erzeugte, glatte Wasseroberflächen einen leichten mystischen Nebelschleier, dessen Ausprägung abhängig von der Wellenhöhe ist und das Bild interessanter wirken lassen.

Um auch bei „normalen“ Lichtverhältnissen auf lange Belichtungszeiten zu kommen verwendet man ND-Filter. ND steht hierbei für Neutral Density, gemeint sind Neutraldichtefilter, die im Deutschen auch einfach Graufilter genannt werden.

13 Sekunden Langzeitbelichtung per ND-Filter

Meine Erfahrung:
Ab 15 Sekunden Belichtungszeit werden Wasserflächen glatt, mehr als 30 Sekunden verwenden ich für Panoramen selten, da sonst der Aufnahmevorgang für die komplette Serie zu lange dauern würde und man zusätzlich einen Timer oder eine Stoppuhr einsetzen müsste.

Deutlich länger muss beim "Wolkenwischer" belichtet werden. Landschaft mal anders: Der „Speedeffekt“ der schnell vorbei ziehenden Wolken wirkt meist sehr stimmungsvoll und gefällt mir ziemlich gut. Mit diesem Stilmittel lässt sich starker Wind, erkennbar an einer deutlichen Wolkenbewegung, in einem statischen Bild gut ausdrücken. Auch bei vermeintlich schlechtem Wetter kann es sich also durchaus lohnen vor die Tür zu gehen und mit teils sehr langen Belichtungszeiten zu arbeiten. Je nach Windstärke sollte man einige Minuten pro Aufnahme einplanen.

Wolkenwischer, der Speedeffekt

Der "Wolkenwischer" an einem windigen Tag: 200 Sekunden Belichtungszeit mittels Graufiltter ND 2000x (3.3), Polfilter und Verlaufsfilter ND-Grad 8 (0.9) hard .

Einzig sich ändernde Lichtsituationen könnten Probleme bereiten: wenn beispielsweise das komplette Panorama aus 8 Einzelaufnahmen besteht, von dem jede 4 Minuten beansprucht. Innerhalb von einer guten halben Stunde, die Dauer des kompletten Aufnahmevorgangs, könnte das Wetter umschlagen, die Sonne bereits auf- oder untergegangen sein oder aufziehende Wolken die Landschaft abschatten.

Meine Empfehlung deshalb: Beim Wolkenwischer mit möglichst wenig Einzelaufnahmen arbeiten und ein Weitwinkelobjektiv benutzten.

Ein eher witziger Effekt ist, dass bewegte Objekte bei Langzeitbelichtungen durchsichtig oder nur noch schemenhaft abgebildet werden. Dies können z.B. Fahrzeuge, Menschen oder Tiere sein. Bei Menschenmengen treten so oft interessante Situationen auf: diejenigen, die sich nicht oder kaum bewegen werden scharf abgebildet, diejenigen die sich bewegen werden unscharf oder fast unsichtbar in der fertigen Aufnahme erscheinen. Hier eignen sich Belichtungszeiten ab 10 Sekunden. Wünscht man „leergefegte Plätze“ muss man allerdings deutlich länger belichten und mehrere starke ND-Filter miteinander kombinieren.

Bewegung im Bild bei einer Langzeitbelichtung
Panorama aus 24 Aufnahmen, jeweils 10 Sekunden mittels Graufiltter ND 1000 (3.0) belichtet.

Tipp: Natürlich gelingen solche Aufnahmen nur mit Hilfe eines stabilen Stativs, welches man als Panoramafotograf ohnehin benutzt. Der verwendete Graufilter sollte möglichst stark (Empfehlung ab ND 1000x) und farbneutral sein. Die teureren Glasfilter haben hierbei einen besseren Ruf als kostengünstige Kunststoff-Filter. Meine Empfehlung für weitgehend farbneutrale Glasfilter: Lensinghouse, Haida oder Lee. Mehr dazu im Abschnitt Hardware hier.

Verlaufsfilter – Optimierte Wolkenkontraste
Möchte man nur einen Teil der Aufnahme gezielt abdunkeln, meist den oberen, in dem der Himmel mit Wolkenstrukturen zu erkennen ist, verwendet man ND-Verlauffilter, die auch Grauverlauffilter oder ND-Grad Filter (Neutral Density Graduated) genannt werden. Manche Leute benutzen auch das Wort Verlaufsfilter mit einem s in der Mitte, statt Verlauffilter. Solche Filter sind oft in rechteckiger Form erhältlich, da sich so der Übergang hell-dunkel durch gezieltes Verschieben des Filters im Filterhalter an das Motiv anpassen lässt. Eine Kombination mit einem ND-Graufilter (ohne Verlauf) ist ebenfalls bei Filterhaltern mit mehreren Einschüben möglich und höchst sinnvoll, wenn man beispielsweise die Wellen glätten und gleichzeitig die Wolkenstuckturen betonen möchte. Gefärbte Verläufe sind stark aus der Mode gekommen, heute verwendet man neutralgraue Filter und färbt, wenn überhaupt, hinterher per Photoshop.

Aufnahme ohne Filter Aufnahme mit Verlauffilter Verwendeter ND Verlaufsfilter
Aufnahme ohne Filter
Aufnahme mit Filter

Verwendeter
ND Grauverlauf-Filter
ND 8 (0.9) soft


Am häufigsten verwende ich die Stärke ND 8 (0.9), was 3 Lichtwerte „Blenden“ in diesem Bereich entspricht. Da man die Gesamtbelichtung meist nach dem Einsetzen des Filters hin zu längeren Zeiten korrigiert, wird der untere Teil dann etwas heller abgebildet, was bei vielen Motiven gut passt. Bei den Verläufen unterscheidet man zwischen „hard“, „soft“ und „reverse“. Mehr dazu im Abschnitt Hardware hier.

Panorama mit ND Graufilter und ND Verlauffilter
Panorama aus 3 Aufnahmen, jeweils 20 Sekunden mittels Graufiltter ND 1000 (3.0) und ND Grauverlauf-Filter ND 8 (0.9) soft belichtet.
Polfilter – für bessere Fernsicht und tieferes Blau und Grün
ohne Polfilter
ohne Polfilter
mit Polfilter
mit Polfilter
Für meine Aufnahmen benutze ich Polfilter vor allem um die Fernsicht zu erhöhen. An leicht dunstigen Tagen werden Lichtstrahlen von Wassermolekülen in der Luft gestreut und reflektiert. Ein Teil dieses Lichtes ist polarisiert und lässt sich mit einem Polfilter eliminieren. Aus einem hellblauen Himmel wird so ein tiefblauer Himmel, weit entfernte Objekte werden kontrastreicher und farbiger „bunter“ dargestellt, da der Wasserdampf im Vordergrund ausgefiltert wird und der milchige Schleier verschwindet. Die Aufnahmen sehen intensiver und stimmungsvoller aus.

Besonders gut zeigt sich dieser Effekt bei weißen Wolken vor blauem Himmel oder bei Gewässern, wenn es beispielsweise darum geht, das türkisblaue Wasser eines Sees zu betonen oder das Blatt- und Moosgrün am Rande eines Wasserfalls zu verstärken. Zudem können Spiegelungen auf reflektierenden Flächen (Wasser, Glas, Metall) je nach Richtung des einfallenden Lichtes nahezu komplett ausgelöscht werden. Durch Drehen am Filter kann man die Polarisationsebene ändern. Die Wirkung lässt sich im Sucher sehr gut beurteilen: Ein weiterer kreativer Prozess, der mir viel Spaß macht.

Einzelbilder Wasserfall
Beispiel: Mit Hilfe der Panoramatechnik wurde hier die Auflösung und der Bildwinkel erhöht. Die Filtertechnik sorgt für sattere Farben und den "Fließeffekt" des Wassers.
Panorama aus zwei gefilterten Aufnahmen
Panorama aus 2 Aufnahmen, jeweils 30 Sekunden mittels Graufiltter ND 1000x (3.0) und Polfilter belichtet.

Problem bei sehr großen Bildwinkeln:
Da der Polfiltereffekt sehr vom Einfallswinkel des Lichtes abhängig ist und sich dieser bei Weitwinkelobjektiven über die Bildhöhe sehr stark ändert, kann dies bei Motiven mit blauem Himmel manchmal sehr unnatürlich wirken und ähnelt einer Randabschattung. Der volle Filtereffekt, ein tiefblauer Himmel könnte z.B. an rechten Bildrand voll einsetzen (siehe unten) und am linken Bildrand gar nicht mehr vorhanden sein. Aus diesem Grund verzichte ich in solchen Situationen auf einen Polfilter oder nehme vor Ort zwei Varianten, mit und ohne Filter, auf.

Polfilter Panorama
Bildwinkel des Panoramas ca. 170°. Die Wirkung des Polfilters ist am rechten Rand am stärksten.

Tipp: Die maximale Wirkung hat ein Polfilter, wenn die Sonne im 90° Winkel zum Motiv steht. Die Wirkung nimmt mit größeren oder kleineren Winkeln zu Sonne stetig ab.

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